Gegrilltes Badeamt

Gut, der Titel dieses Eintrags ist möglicherweise nicht ganz eindeutig formuliert. Aber was soll man auch machen, wenn man so langsam durchdreht. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, hat es die Natur offenbar darauf angelegt, unser Büro zurückzuerobern. Soweit gab es also ein Eichhörnchen, welches vergeblich versucht hatte, hinter unserem Wasserkühler einen Baum zu pflanzen; eine Maus, die uns regelmässig entwischte und die eines Montag morgens entseelt auf dem Boden lag (die sich offenbar zuvor aber noch ausgiebig auf meinem Schreibtisch rumgetrieben hatte, um dort – wahrscheinlich schlicht aus Prinzip – als letzten Akt noch auf mein Laborbuch zu koten).
Nunmehr haben wir ein neues Büro-Haustier: eine Grille. Diese sitzt in irgendeiner Ecke oder hinter irgendeinem Regal, unortbar, und zirpt vor sich hin. Ununterbrochen. In abartiger Lautstärke. Sie übertönt sogar den Lagerschaden des Graphikkartenlüfters meines Kollegen, nebenbei bemerkt ebenfalls ein nervtötendes Geräusch, das man aber nur wahrnimmt wenn nebenan nicht gerade unser auf 26 Kilowatt Kühlleistung ausgelegtes Kühlwasseraggregat läuft. All dies ertrug ich stumm und voll Demut, doch nun: die Ganztags-Grille. Nicht auszuschließen ist, dass es sich um einen geschickten Clou meines Chefs handelt, dass wir faulen Jungs weniger vor unseren Bürocomputern unsere Hintern plattsitzen und mehr im Labor Dinge kaputt machen – Verzeihung – Erfahrung sammeln. Gerissener Hund, der. Des Abends schleppe ich mich, nervlich dank Grille und schlimmeren bereits auf dem Zahnfleisch robbend, zur Bahn und kann dann zu Hause bei Baby-Gebrüll entspannen. Hörrjeh, wat jeht et ons schlöcht!

Auf der positiven Seite gilt zu verbuchen, dass es schlimmer hätte kommen können. So erzählt mir mein mir angeheirateter Baby-Sherpa, dass eine ihrer Kolleginnen, mit denen sie sich zu konspirativen Treffen im benachbarten Park trifft, offenbar ein schweres Los gezogen hat. Kurz ausgeholt: in New York verdient das Trinkwasser aus dem Wasserhahn zwar tatsächlich seinen Namen, jedoch lohnt es sich dennoch, mit günstig erhältlichen Filtersystemen nachzuhelfen. Wir benutzen z.B. ausschließlich nachgefiltertes Wasser, um unserer Sojamilch-Senke die Fläschchen zuzubereiten. Dieses Procedere dürfte jedoch vom Ehemann besagter Person als amateurhaftes Verhalten verlacht werden, besteht dieser doch tatsächlich darauf, dass selbst das Badewasser ihres Kindes vorgefiltert werden muss. Die füllen also tatsächlich eine Ladung gefiltertes Wasser nach der anderen in ihre Badewanne, wärmen es auf, und lassen sodann nach stundenlanger Arbeit zunächst die Ente und dann ihr Kind zu Wasser. Da dies eine offensichtlich untragbare Situation darstellt wurde seiner Mutter während eines Besuchs – wahrscheinlich in der Hoffnung, sie möge ihren Sohn doch mal ins Gebet nehmen – von diesem Umstand berichtet. Die Überlieferung besagt, dass diese daraufhin antwortete: “Wie bitte? In gefiltertem Wasser? Das geht nicht! Es muss in Evian gebadet werden!”

Zu guter Letzt gibt es zu berichten, dass wir für unsere kleine Düngemittelfabrik mittlerweile einen Reisepass beantragt haben, und zwar zunächst den amerikanischen. Der bürokratiegeile Deutsche fragt sich natürlich berechtigterweise, welches Amt der Amerikaner zu diesem Zwecke aufzusuchen pflegt. Ist es a) die Führerscheinstelle (da ja der Führerschein hierzulande als Ausweis-Proxy behandelt wird), b) das Sozialversicherungsamt (da ja die Sozialversicherungsnummer in Ermangelung der Existenz eines Personalausweises die einzige Möglichkeit darstellt, einen Amerikaner eindeutig zu identifizieren) oder c) das nächste Postamt (da ja … öh … da… … nun.)

Richtig geraten! Zum Postamt geht er! Und weil es so schön ist wird dann der fünf Jahre gültige Reisepass mit einem Photo der nunmehr sieben Wochen alten Tochter geschmückt, auf dass sie in den nächsten Jahren an der Grenze zweifelsfrei mit Hilfe ihres Lichtbildausweises identifiziert werden möge. Wem das nicht verrückt genug ist, dem sei das Gerücht verraten, dass in einen deutschen Reisepass auch für Neugeborene die Körpergröße eingetragen wird, ungeachtet der Gültigkeitsdauer des Dokuments, die ebenfalls mehrere Jahre beträgt. Ich frage mich natürlich, wie das jetzt mit der Biometrie weitergeht. “Der Fingerabdruck hier im Pass ist aber viel kleiner als der, den wir hier grade genommen haben!”

6 thoughts on “Gegrilltes Badeamt”

  1. OMFG ist eine sehr gute Zusammenfassung meines obigen Pamphlets (c:=Ich sollte mal eine Statistik darüber führen, wieviele OMFG Erlebnisse ich täglich so habe. Das wäre doch mal interessant.

  2. AnonymousBZ writes:

    Hey ich lese deinen Blog auch regelmaessig! Also schon zwei Leser 🙂 Burkhard

  3. Also wenn wir 7 Leute zusammenbekommen können wir einen Verein gründen und kriegen dann sicherlich irgendwelche Steuervorteile!

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